Dienstag, 7. August 2012

Lieber Alex


Du warst ein Held, so lange Du den Normen entsprochen hast. Nun bist Du der Buhmann, weil Du dich hast erwischen lassen. Alles, was Du bisher erreicht hast, wird in Frage gestellt. Und wetten, dass es nun unendlich viele gibt, die behaupten, dass sie es immer schon wussten?

Zugegeben: ich bin auch ein bisschen enttäuscht. Weil Du Südtirol die Chance genommen hast, stolz zu sein. Auch denen, die mit Sport nix am Hut haben. Die jetzt umso mehr die moralische Keule schwingen. Obwohl sie ansonsten wohl auch nicht so viel mit der Moral am Hut haben. Und das ist nicht gerecht.

Angenommen, Du wärst nicht erwischt worden, und hättest gewonnen. Die, die jetzt sagen, dass sie es immer schon gewusst haben, wären dann deine besten Freunde. Wären bei deinem Empfang in Kalk da und würden sich mit dir auf der Bühne fotografieren lassen. Würden sagen, dass sie es immer schon gewusst haben, dass Du der beste bist. Und dass alle Spekulationen über Doping, die dich ja schon länger begleiten, aus Neid entstanden sind. Lieber Alex, mach dir nix draus: so sind die Menschen!

Und noch etwas: Ein gutes hat die Angelegenheit, nämlich, dass Du endlich herausfinden wirst, wer wirklich zu dir steht. Wer dir auch jetzt noch in die Augen sehen kann, ohne wegschauen zu müssen. Ich denke, dass diese Erkenntnis langfristig viel mehr wert ist, als der vergängliche Ruhm aus einem Rennen.
Denn im Grunde bist Du ja auch nur ein Mensch, der Menschlichkeit verdient hat. Und was wir nicht vergessen dürfen: bei aller Wichtigkeit, die unterstellt wird, es geht nur um Sport und nicht um den Weltuntergang... auch, wenn es dir heute wahrscheinlich so vorkommen wird.

Lieber Alex, ich wünsche dir, die richtigen Rückschlüsse aus dieser Geschichte. Und dass das Loch, in das Du zwangsläufig fallen wirst, nur so tief ist, dass Du von selbst wieder heraus kommst. Das wünsche ich dir.

Von ganzem Herzen
Traube

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