Donnerstag, 26. Juli 2012

Traube's Sommergespräch 2012: Heute mit Stefan Mair

Sommer in Bozen: 35° C im Schatten. Der Sommer von seiner schönsten Seite. Vor allem, wenn man die Gelegenheit bekommt, sich auf dem Waltherplatz zu einem Gespräch zu treffen, bei dem es um die schönste Sache der Welt geht: um Eishockey. Im Sommergespräch habe ich Stefan Mair zu verschiedenen Themen rund um dieses Thema befragen dürfen. Und dabei habe ich viel Wissenswertes erfahren.

Traube: Eishockey als Lebenseinstellung?

Stefan Mair: Ja, Eishockey ist mein Leben. Es ist meine Passion und treibt mich immer weiter. Bringt mich dazu, dass ich mich stets frage, was könnte ich besser machen. Diese Einstellung bringt mich dazu zu schauen, was andere machen, und ob das auch bei mir funktionieren könnte. Diese Passion bringt mich dazu, dass ich mich stets weiterentwickeln will.

Traube: Bist Du fanatisch?

 Stefan Mair: Wenn das Wort einen positiv gemeint ist, dann Ja! Aber ich habe in den letzten Jahren viel dazu gelernt. lacht. Ich habe meine Emotionen besser im Griff.

Traube: Wobei Emotionen ja unser Geschäft sind.

Stefan Mair: Bis zu einem gewissen Punkt schon. Emotionen sind das Ventil unserer täglichen Arbeit. grinst. Wenn ich nur so starr dastehen würde, dann wäre das ja auch langweilig. Wer seinen Job ernst nimmt, der bringt dort auch seine Emotionen ein.

Traube: Du hast in den letzten Jahren als Trainer viel erreicht. Wirst Du hierzulande trotzdem unterschätzt?

Stefan Mair: Ich denke nicht, dass ich unterschätzt werde. Aber ich denke, dass man als einheimischer Trainer zu wenig respektiert wird. Mir wurden in Italien Fragen gestellt, die man einem ausländischen Trainer nie gestellt hätte. Das kommt einem dann ein bisschen komisch vor. Als Trainer sollte ich am Erfolg gemessen werden. Und nicht daran, woher ich komme.
Ich denke, das das generell ein Problem der einheimischen Trainer ist. Dazu kommt aber auch, dass man sich bewusst sein muss, dass man nie ausgelernt hat. 
Fortbildung ist für einen Trainer das A und O. Ich habe es mir zum Ziel gemacht, mindestens einmal im Jahr ein Trainersymposium zu besuchen. 
 Dabei geht es noch nicht einmal darum, dass man taktisch so viel Neues sieht. Aber man trifft sich mit Trainern aus aller Welt, baut sich Kontakte und ein Netzwerk auf. Von diesem Netz zehrt man dann im Alltag. 
Ich kann durch diese Erfahrungen nun hochdekorierte Trainer anrufen, mich nach Spielern informieren oder um Rat fragen. Das ist wirklich wichtig und wertvoll.

Traube: Was macht einen guten Trainer aus?

Stefan Mair: Ein Trainer muss kein Freund der Spieler sein. Ich muss mit keinem meiner Spieler gemeinsam in den Urlaub fahren. Ein Trainer muss in erster Linie erfolgreich sein. Und wissen, was er von seiner Mannschaft verlangen kann und muss.

Traube: Für die Mannschaft das richtige Spielsystem auswählen?

Stefan Mair: Das Spielsystem ist fundamental wichtig. Es dauert erfahrungsgemäß zwei Monate, dass man die Handschrift eines Trainers erkennt. Der Unterschied zwischen einer Mannschaft mit und ohne Spielsystem: ein System hilft dir vor allem bei Niederlagenserien weiter. Weil Du einen roten Faden hast, an dem Du dich halten kannst und jeder weiß genau, was verlangt wird. Über diese Struktur wird Sicherheit gegeben. Aufgrund der Statistiken kann belegt werden, welche Fehler gemacht worden sind und was man besser machen muss. 
Wer keine Struktur hat, der verlässt sich auf Improvisation. Und da kann es bei Misserfolgen schwierig werden.

Traube: Dann ist ein Trainerwechsel während einer Spielzeit nicht sinnvoll?

Stefan Mair: Trainerwechsel sind nur dann ein probates Mittel, wenn ein Coach seine Mannschaft nicht mehr erreicht. Das ist aber nur ganz selten der Fall. Meistens kommt der Misserfolg daher, weil Mannschaften falsch zusammengestellt werden. 
Ich halte überhaupt nichts davon, Spieler aufgrund von Statistiken zu holen. Das muss einfach schief gehen. 
Wenn ich Mannschaften zusammenstellen kann, dann überlege ich mir bereits im Vorfeld, welche Stärken und Vorzüge ein Spieler haben muss.
Die Rechnung, dass, wenn ich einen linken Flügel mit 30 , einen Center mit 40 und einen rechten Flügel mit 50 Toren in der Vorsaison verpflichte, diese Linie 120 Tore schießt, die kann einfach nicht aufgehen.

Traube: Wie funktioniert es dann?

Stefan Mair: Über das angesprochene Netzwerk. Und die genau Idee, wie das System aussehen und die Mannschaft funktionieren kann.

Traube: Auffällig bei den Spielern, die Du geholt hast war, dass Du selten Künstler, aber stets gute Arbeiter gefunden hast.

Stefan Mair: Naja, wichtig ist, dass das Kollektiv stimmt. Hauptkriterium bei Spielern, die ich hole ist, dass sie gute Eisläufer sind. Nur dann können sie die zugedachten Aufgaben erfüllen.

Traube: Zurück zu deiner Karriere in Italien, wo Du viel erreicht hast. Vor allem in Bruneck hast Du den Verein ja ganz nach oben gebracht. Im Nachhinein ein bitterer Abschied?

Stefan Mair: Die Art und Weise, wie der Abschied zu Stande gekommen ist, war schon ein bisschen enttäuschend für mich. Im nachhinein hat sich aber gezeigt, dass der Zeitpunkt der richtige war. In Cortina habe ich komplett andere Vorzeichen wie im Pustertal gefunden: wenig Budget, ein total anderes Umfeld, und damit die Chance, neues zu probieren. Diese Gelegenheit hatte ich in Bruneck ja nicht mehr. Weil das Stadion immer voll und die Erwartungshaltung enorm hoch war. 
So hatte ich in Cortina die Gelegenheit, mich persönlich enorm weiter zu entwickeln.

Traube: Und nun suchst Du ein neues Abenteuer im Ausland...

Stefan Mair: Nach drei Jahren hat es endlich geklappt. Die letzten Jahre hatte ich auch schon immer Gespräche mit Vereinen aus dem Ausland geführt, doch aus verschiedenen Gründen war es zu keinem Vertrag gekommen.
Wir brauchen uns nix vorzumachen: wenn in Italien ein Jahr keine guten Ergebnisse liefere, aus welchen Gründen auch immer, dann interessiert sich niemand mehr für mich. Ich habe fünf Jahre in Italien gearbeitet, und mit meinen Mannschaften bin ich immer ins Halbfinale gekommen, auch mit Mannschaften, die nicht so hoch eingeschätzt worden sind. 
Deshalb bin ich dankbar, dass sich nun diese Gelegenheit ergeben hat. 

Traube: Was sind die größten Unterschiede?

Stefan Mair: Naja, in Deutschland ist alles viel professioneller. Es gibt Strukturen, die funktionieren. Ich brauche mich nicht mehr um die Waschmaschinen oder die nicht funktionierenden Fernsehgeräte der Ausländer zu kümmern. 
Und auch bei der Mannschaftszusammenstellung habe ich Leute, die mir helfen und wichtige Vorarbeiten leisten, die bislang immer ich selbst erledigen musste.
Vom sportlichen her ist der größte Unterschied, dass man in der Bundesliga die tieferen Kader zur Verfügung hat. Man spielt mit vier Linien, dadurch wird das Spiel schneller und intensiver. Darauf freue ich mich, weil dadurch die aggessivere Taktik möglich wird.
Diese Kadertiefe ist der größte Unterschied. Ich denke, dass die Serie A1 vom Niveau der Spieler her nicht weit weg von der Bundesliga ist.

Traube: Kennst Du die Liga?

Stefan Mair: Ich hatte schon in den letzten Jahren Kontakt zu deutschen Vereinen, Trainern und Managern. Die Serie A1 und die BL fischen im selben Teich, wenn es um die Transfercardspieler geht. Deshalb fühle ich mich gut vorbereitet. 
Im März bin ich dann auch nach Deutschland gefahren, um mir einige Spiele der Liga anzusehen und ein Gefühl für das Niveau zu bekommen. 
Wo ich mich noch einarbeiten muss ist natürlich, die deutschen Spieler kennen zu lernen. Während ich die italienischen Spieler hier alle kenne, muss ich mir dieses Wissen in Deutschland noch aneignen.
Wobei das interessante bei der Deutschen Liga ist, dass man sieben Unter 23 Spieler einsetzen muss. Das macht die Angelegenheit sehr spannend und reizvoll.

Traube: Wie schätzt Du das Niveau der italienischen Liga generell ein?

Stefan Mair: Ich bin der Überzeugung, dass das italienische Eishockey nicht so schlecht wie sein Ruf ist. Man muss nur schauen, wie viele hochkarätige Spieler jedes Jahr kommen, um die Serie A als Sprungbrett zu nutzen.
Die Kehrseite dieser Medaille: ich bin überzeugt, dass alle Serie A1 Vereine finanziell weit über ihrem Niveau leben. Das kann nicht lange gut gehen. 

Traube: Was wurde in Italien verschlafen?

Stefan Mair: Im Internationalen Vergleich hinkt Italien vor allem in der Jugendarbeit hinter her. Das liegt daran, dass zu wenig konsequent in die Jugendarbeit investiert wird. Vor allem hier verliert man den internationalen Anschluss. Es müsste endlich in eine gezielte Jugendförderung investiert werden.


Traube: Und was ist gut gemacht worden?

Stefan Mair: Das Umdenken in der Serie A2. Es war sicher der richtige Schritt, dort das Ausländerkontingent auf zwei Spieler zu limitieren. Die Serie A2 muss vor allem eines sein: die Ausblidungsliga für die erste Liga.
Und außerdem freut mich, dass immer mehr junge Spieler den Schritt ins Ausland wagen, um sich hier weiter zu bilden. Das ist der einzige Weg für junge Leute, die mit Eishockey groß werden wollen.

Traube: Dein Wunsch fürs italienische Eishockey?

Stefan Mair: Ich denke, dass es notwendig wird, dass sich von oben herab etwas ändert. Der Verband ist zu weit von der reellen Situation der Vereine weg. Von ihm müssen die Impulse für die Entwicklung des Sportes kommen. Es fehlt in der Planungssicherheit. Die Voraussetzung hierfür muss aber vom Verband kommen.
Konkret bin ich der Meinung, dass es auf Verbandsebene einen Sportdirektor braucht, der ein Programm ausarbeitet, so wie das International schon lang normal ist. 
Funktionäre sind wichtig, aber für das Tagesgeschäft braucht es Profis, die im Geschäft verwurzelt sind.
Ich denke auch, dass eine Sportakademie notwendig ist. Die sportliche Ausbildung der Leute muss zentral gesteuert werden. Und in Einklang mit der Schule gebracht werden. Sport und Schule unter einen Hut zu bringen wird immer schwerer. Aber es ist auch eine Illusion, dass jeder, der sich für den Sport entscheidet, davon wird leben können.

Traube: Übersiedelst Du alleine nach Schwenningen?

Stefan Mair: Ja


Traube: Welches sportliche Ziel hast Du für diese Saison?

Stefan Mair: Das sportliche Ziel ist vom Verein klar definiert worden. Wir wollen mindestens ins Halbfinale.


Traube: Und dein persönliches Karriereziel?

Stefan Mair: Mein Traum wäre es, einmal in einem Trainerstab zu arbeiten, wo jeder Trainer eine spezielle Aufgabe zu erfüllen hat und wo man Teilbereiche des Spiels perfektionieren kann.


Traube: Danke Stefan für das Gespräch...
  

 So endet das erste Sommergespräch mit einem Charakterkopf des italienischen Eishockeys, der weiß, was er will. Mit einem der Menschen, der in jeder Faser denkt und lebt, was er tut. Aus Überzeugung. Das ist der Grundstein für Erfolge. Und der Stoff, aus dem Legenden sind.

Traube's Hockeyblog wird dich aber nicht aus den Augen verlieren. Traube On Tour wird dich besuchen kommen und schauen, wie es dir im ersten Auslandsjahr geht.

Alles Gute! 

Donnerstag, 19. Juli 2012

Interessante Fakts zum Eishockey


Klar, für die Eishockeyinfizierten ist es klar: Eishockey ist das Wichtigste im Leben und man kann es sich nicht vorstellen, wie ein Leben ohne Eishockey überhaupt lebenswert sein soll. Naja, ganz so drastisch ist es nicht, aber fast...








Trotzdem, bevor die neue Saison so richtig losgeht, einige interessante Fakten zum einem Sport, der zwischen 1874 und 1875 in Kanada entstanden ist. Es waren nicht die Ureinwohner, die das moderne Eishockey erfunden haben, sondern, ähnlich wie beim Fußball, die Briten: Schottische Soldaten spielten Shinity auf Schnee und Eis, woraus sich das moderne Eishockey entwickelte.
Der Begriff "Hockey" bedeutet krummer Stock und kommt.... genau... aus dem Französischen.


Verbreitet hat sich der Sport vor allem dort, wo es auch vor Erfindung er Kältemaschine Eis gegeben hat. Vor allem in Kanada, Russland, USA, Tschechien, der Slowakei, Skandinavien sowie in Süddeutschland erfreute sich der Sport schon früh großer Beliebtheit. 
Noch einmal höher ist die Beliebtheit in der Schweiz und in Lettland, wo Eishockey absoluter Nationalsport ist (wie auch in Kanada) - und in diesen beiden europäischen Staaten übertrifft der Puck sogar das runde Leder.

Wussten Sie, dass...


...die italienische Serie A bereits 1924 gegründet worden ist und damit zu den ältesten Eishockeyspielklassen Europas gehört?

...dass Eishockey in Frankreich zu den Randsportarten gehört, dort aber bei wichtigen Entscheidungsspielen wie beim Finale um die Coupe de France in Paris bis zu 12.000 Zuschauer ins Stadion kommen?

...dass in Puerto Rico Profieishockey gespielt wurde? Am 23.09.2006 fand hier die Saisonseröffnung der NHL statt - Die Florida Panther trafen im Josè Miguel Agrelot Coliseum in San Juan auf die New York Rangers.

... dass 1974 die Buffalo Sabres mit Taro Tsujimoto den ersten Japaner in die NHL drafteten? Was an sich keine Zeile wert ist. Aber: es gab weder den Spieler, noch die Mannschaft, wo er bisher gespielt hatte. Was sich aber erst Wochen nach dem Draft herausstellte...

...das körperlose Spiel beim Fraueneishockey 1990 eingeführt worden ist? Grund: bei der WM 90 war es zu schweren Verletzungen aufgrund des Aufeinandertreffens verschieden robust gebauter Frauen gekommen.

... dass es eine unglaubliche Variante des Eishockeys gibt: Unterwassereishockey: Gespielt wird diese Eishockey-Variante mit je 2 Apnoetauchern  pro Mannschaften unter einem acht mal sechs Meter großen Spielfeld an der Unterseite des Eises. Der Puck ist aus Schaumstoff und auf Grund der hohen Kraftanstrengung beträgt die Spielzeit lediglich drei mal zehn Minuten, während denen die Spieler in Abständen von etwa 30 Sekunden auftauchen müssen um Luft zu holen. Es gab 2007 am österreichischen Weissensee den ersten und einzigen internationalen Wettkampf dieses skurrilen Sports, bei dem sich die Frage stellt, wie Schiedsrichter und Zuschauer das Spiel verfolgen sollen....













Donnerstag, 12. Juli 2012

Herbert Live in Bruneck...

Es muss ja nicht immer nur um Sport gehen...

So als kleines Katerfrühstück nach einem genialen Abend am Rathausplatz in Bruneck. 

Auch, wenn Grönemeyer sicherlich nicht jedermann Sache ist: Was er gestern abgeliefert hat war ganz große Klasse. Vor allem, wie er es schaffte, das Publikum mitzureißen und aufzutauen....

Wäre ich einfach nur Feige

 
Wäre ich einfach nur feige
Ging ich vielen aus dem Weg
Bliebe ich außen auf der Seite
Und es würde viel leichter gelebt

Stünde zu meinen Höhenängsten
Auch andere räumte ich ein
Würde mir viel mehr vergeben können
Fehler an Fehler reihen

Denn jeder Traum zahlt seinen Zoll
Jeder Wunsch fällt mal flach
Jeder Kampf hat ein Ende
Jeder Stein lässt sich wenden
Und auch der Stärkste versagt

Jede Schwäche wäre ein Orden
Und ich taugte als Traumprinz nicht mehr
Ich müsste nicht hysterisch gut aussehen
Und raste keinem Trend hinterher

Hätte das Recht, mich auszuklinken
Jeder wüsste, er ist wieder im Wahn
wäre nicht mehr zu fassen
Würd mich gelassen im Abseits verfahren

Denn jeder Traum zahlt seinen Zoll
Jeder Wunsch fällt mal flach
Jeder Kampf hat ein Ende
Jeder Stein lässt sich wenden
Und auch der Stärkste versagt

Jede Panik verfliegt
Jeder Alarm lässt auch nach
Legte den Kopf zu Seite
Müsste weniger streiten
Denn der Schwächere gibt nach

Würde nicht mehr Tarzan markieren
Verzichtete aufs Muskelspiel
Würde sowas von unsichtbar sein
Würde sowas von verzichtbar sein,
Mit mir im Reinen,
Kein Plan, kein Ziel

Denn jeder Traum zahlt seinen Zoll
Jeder Wunsch fällt mal flach
Jeder Kampf hat ein Ende
Jeder Stein lässt sich wenden
Und auch der Stärkste versagt

Jede Panik verfliegt
Jeder Alarm lässt auch nach
Legte den Kopf zu Seite
Für glorreiche Zeiten
Und alles machte mehr Spaß

Legte den Kopf zu Seite
Hätte glorreiche Zeiten
Und alles machte mehr Spaß

Donnerstag, 5. Juli 2012

Die große Show im Circus Maximus oder das Prinzip von Panem et Circenses


Chronisten berichten von Wagenrennen im Alten Rom, wo die Roten gegen die Grünen wetteiferten, hohe Wetteinsätze gespielt wurden, horrende Siegesprämien ausbezahlt wurden. Diese Rennen im Circus Maximus unterhielten den Pöbel und hielten ihn ruhig. Waren aber gleichzeitig auch die Bühne, um Politik zu betreiben, um Netzwerke zu spinnen, um Macht aufzubauen und zu festigen. Die Sportveranstaltungen kosteten den Sponsoren eine Menge Geld. Doch nicht die Liebe zum Sport (die hätte man damals schon billiger haben können), sondern persönlicher Ehrgeiz waren Ausgangspunkt und Motivation.


Was soll dieser Exkurs in längst vergangene Zeiten? Beim Schreiben des letzten Blogeintrages ist mir ein Zweifel gekommen: was treibt Vereinsverantwortliche dazu, einen Eishockey Serie A Verein in Italien zu betreiben? Was bringt Vereinsverantwortliche in Aller Welt dazu, Profisport zu finanzieren? Wollen sie wirklich den Fans eine gute Show bieten? Warum werden dann die Fans nicht ernst genommen? Warum wird dann nicht in die Zuschauer investiert und zumindest so getan als versuche man, die Stadien zu füllen?

Klar: es wird immer behauptet, Sport habe einen sozialen Charakter, verbessere die Welt, bringe die Jugend von der Straße. Diese Argumentation mag gelten – für den Breitensport. Aber sicher nicht für den Profisport, der im Grunde auch keine Wertschöpfung in die Region bringt, sondern, im Gegenteil, große ökonomische Mittel vom Clubstandort aus verteilt. Meist auf Niemehrwiedersehn. Oder gereicht es einer Region wirklich zum Vorteil, wenn ein Großteil der Investitionen nach Übersee geht? Wenn ein Gutteil der Gelder auch noch am öffentlichen Interesse (den Steuern) vorbeigeschleust werden, obwohl immer mehr Mittel aus eben der öffentlichen Hand herausgebettelt werden?

Kann es sein, dass das Eishockey für die, die meinen, es sich leisten zu können, Spielzeuge sind, die Zeitvertreib, gesteigertes Selbstwertgefühl und Macht vermitteln? Kann es sein, dass sie sich, ähnlich wie die Patrizier des Alten Rom, vom Pöbel zujubeln lassen wollen und daraus eine Zustimmung für ihre politischen Ambitionen ableiten? Kann es sein, dass die Scheinwelt Serie A1 aus einer Scheinwelt in den Köpfen der Bosse entsteht?
Mag alles sein. Es zu hinterfragen könnte aber gefährlich werden. Auch im Circus Maximus wurde nicht nachgefragt – sondern genossen und debattiert. So sollten wir Zuschauer es heute auch halten. Und darauf hoffen, dass zu den Spielen auch noch Brot kommt. Und- man will ja nicht unverschämt sein- aber ein bisschen Fisch wäre auch nicht schlecht. Und wir sollten den Gönnern zujubeln und danken, für die Spiele – und sie im Glauben belassen, dass sie etwas für die Allgemeinheit wertvolles tun. Damit ihr Gewissen beruhigt ist, wenn sie nach öffentlichen Mittel schreien, um ihrer persönlichen Scheinwelt nachjagen zu können. Und wie beleidigte Kinder in der Ecke schmollen, wenn sie keinen Lutscher bekommen und damit drohen, das Spielzeug nicht mehr teilen zu wollen.

Das ist der Unterschied zum Alten Rom. Dass man damals für eigene Entscheidungen noch selbst Verantwortung übernommen hat. Und nicht in der Res Publica Verantwortliche und Schuldige gesucht worden sind. Vielleicht sollte man aus diesem Grund wieder Wagenrennen einführen… 

Mittwoch, 4. Juli 2012

Von schönen Künsten, Spekulationen und Liebhabern


Die Zeichen stehen auf Sturm. Alles deutet bereits darauf hin. Vieles, was die letzten Tage diskutiert und geschrieben worden ist ist taktisches Geplänkel. Doch eines ist sicher: das goldene Zeitalter ist vorbei. Da ist es fast schon ein Hohn, wenn der eine oder andere sich an den Stars des Sports vergreift. Fakt ist: Eishockey in Italien wird immer schwerer finanzierbar. Schuld daran ist nicht Monti, Schuld daran ist eine Vergangenheit, in der sich die Vereine übernommen haben, dem sportlichen Erfolg jede finanzielle Berechnung untergeordnet haben. 

Und sich die Endabrechnungen so zurecht gelogen haben, dass dem finanziellen Kollaps der Rote Teppich förmlich ausgelegt worden ist. Weil die Vereine so unvernünftig waren, sich nach nicht nach der Decke zu strecken: 266.637 Zuschauer wollten 2011-12 die insgesamt 259 Spiele der zehn teilnehmenden Serie A Mannschaften sehen. Da sind die Play Off Spiele schon eingerechnet. Dass es eher weniger als mehr Zuschauer gewesen sind, das weiß jeder, der schon einmal dabei war, wenn Zuschauerstatistiken erstellt worden sind.

Ganz vorsichtig gerechnet müsste jeder Zuschauer bereit sein, 38.- Euro pro Spiel zu bezahlen (als Eintrittspreis!), damit sich der ganz Aufmarsch halbwegs rechnen würde. Dabei führt schon die Diskussion, ob 10.- Euro für ein Vorrundenspiel als Eintrittspreis gerechtfertigt sind in eine nicht mehr enden wollende Diskussion. 

An der Sponsorfront wird gut gearbeitet, kein Zweifel. Nur stellt sich die Frage, ob die Sponsoren in dieser wirtschaftlichen Lage auch weiterhin bereit sein werden, 28.- Euro pro Zuschauer pro Spiel zu bezahlen. Einen solchen Kontaktpreis zu bezahlen hält keiner Wirtschaftlichkeitsberechnung stand.
Das ist ein Beweis dafür, dass das italienische Eishockey von Liebhabern finanziert wird. Und, will man ganz sachlich sein, auch entsprechend geführt wird. Stellt sich nur die Frage, wie lange noch. Denn die schönen Künste haben es in Krisenzeiten schwer. Sehr schwer.