Samstag, 9. November 2013

Seit 4 Jahren Krise – und keiner kriegt es mit






Es ist nicht erst seit der blamablen Heimniederlage von Ritten Sport gegen Cortina, dass es im Rittner Eishockey kriselt. Im Grunde könnte man in Klobenstein von einer Dauerkrise sprechen. Doch scheinbar bekommt das niemand mit. Weil der Tabellenstand doch eigentlich zufriedenstellend ist. Nur das Saisonsende – da happert es meistens ein bisschen. Scheinbar kümmert es niemand, dass die Saisonsziele verfehlt werden. Und das nicht nur um ein bisschen. Sondern meilenweit. Gründe dafür, dass aber niemand etwas von einer vierjährigen Dauerkrise mitbekommen haben will gibt es zahlreiche – und zwar auf allen Ebenen. Aber am Ritten reicht schon ein einziger Sieg, um alles zu vergessen, was nach einer Niederlage so kritisiert worden. Und den Krisengedanken zu Gunsten von Titelillusionen zu verdrängen.

Nicht nur Trainerproblem


Seit vier Jahren hat Ritten ein Trainerproblem. Oder vielmehr: vier Trainerprobleme. Die allgemeine Dauerkrise auf Erwin Kostner, Bruno Aegerter, Greg Holst und Rob Wilson zu beschränken, das wäre unfair. Und das wäre billig. Denn alle vier haben das beste getan, was sie im Stande waren zu tun. Dass es nicht gut genug war, dafür können sie nix. Denn sie alle sind in der Meinung gelassen worden, dass sie ihren Job gut erfüllt haben. Und erst, als sie nicht bestätigt oder entlassen worden sind ist ihnen mitgeteilt worden, dass man mit ihrer Arbeit nicht zufrieden gewesen ist. Ich denke, das ist ein bisschen spät. Weil einem Übungsleiter so die Chance genommen wird, etwas an seiner Arbeit zu ändern. Wieso sollte ein Coach seinen Job ändern, wenn seine Boss mit der Leistung zufrieden sind?

Das Schweigen der Mannschaft


Seit Beginn sind die Trainer ja auch für die Spieler die besten, die man sich vorstellen kann. Niemand hat eine Kritik anzubringen, es sei denn, der betreffende Spieler wird nicht eingesetzt oder in einer Linie, in der er seiner Meinung nach unterbewertet ist. So lange die Spieler eine Einsatzgarantie haben, so lange ist der Coach in Ordnung. In der Öffentlichkeit sowieso. Aber auch gegenüber den Vorstandsmitgliedern. So lange eine Einsatzgarantie besteht, so lange handelt es sich um den besten Trainer, der je am Ritten gewesen ist. Bis zum Tag der Trainerentlassung. Dann wird leise Kritik geäußert, die langsam lauter wird.

Und was bedeutet das für die Jugend, auf die so viel Gewicht gelegt wird? Sie lernen vom ersten Tag in der ersten Mannschaft an, dass die Qualität eines Trainers nicht von einem taktischen Konzept, sondern einzig und allein von den eigenen Spielminuten abhängig ist.


Führungsspieler als Mitläufer

Die Mannschaft, von der der eigene Vorstand schon seit vier Jahren hofft, endlich den Titel zu gewinnen, hat absolut keinen Charakter. Sie besteht seit vier Jahren aus Mitläufern. Aus Spielern, die sich unterordnen und versuchen, ja nicht aufzufallen. Es sind keine Charaktere, die den Mannschaftserfolg in den Vordergrund stellen. Sondern Charaktere, die um sich selbst zirkulieren. Besonders die Spieler, die Leader sein müssten, äußern sich schwammig oder gar nicht. Die Vorstandsmitglieder, die richtigerweise die vermeintlichen Führungsspieler anhören, bekommen also kein Feedback und keinen wahren Einblick in das Innenleben der Mannschaft. Wodurch es verdammt schwierig wird zu reagieren, wenn die Führungspersönlichkeiten die Mängel nicht aufzeigen.
In einer erfolgreichen Kooperation zwischen Vorstand und Spielern müsste nicht nur die Geld-bring-Schuld des Vorstands bestehen, sondern auch die Rückmeldung der Angestellten, wie denn die Befindlichkeit ist und wie die gesteckten Ziele nach Ansicht der Akteure zu erreichen sei.

Teure Urlauber

Dabei investiert Ritten Sport ordentlich in seine Führungskräfte, die zum Großteil aus dem Ausland kommen. Und man bemüht sich, dem Personal jeden Wunsch von den Augen abzulesen, damit es sich auf den Job konzentrieren kann – einen Job, den das Personal ob der Fürsorge leider viel zu oft vergisst.
Kann es sein, dass sich die Profis aus Übersee am Ritten zu wohl fühlen? Kann es sein, dass sie wegen der Fürsorge, die sie erfahren, ihr Potential nicht mehr abrufen, weil sie auf Urlaubsmodus umschalten, weil sie ihren Aufenthalt am Ritten mit einem gut bezahlten Familienurlaub verwechseln, wo Wohlfühlen und ein bisschen Bewegung die willkommene Abwechslung zum Nix-Tun ist? Bis zum Beginn der Krise waren die Spieler auch in einer gewissen Bringschuld und sie gaben sich Mühe, zumindest so zu tun, als wollten sie sich integrieren. Seit dem Beginn der Dauerkrise geben sie sich noch nicht einmal mehr diese Mühe und ziehen sich, kaum dass das Spiel vorbei ist, wieder in ihren Urlaubskreis zurück. Freilich kann so keine Bindung zum Fan aufgebaut werden. Und freilich ist es so dem Personal auch egal, wenn der Fan mit der eigenen Leistung unzufrieden ist.

Vergessener Hilferuf

Der Rittner Vorstand ist wahrlich nicht zu beneiden. Alle Jahre wieder bringt er viel Geld auf, um das Rittner Eishockey zu finanzieren – und möglich zu machen. Dem Gefühl nach wird sogar jedes Jahr mehr Geld aufgebracht, wodurch das Scheitern umso schmerzlicher wird. Die Rittner Führung meint es seit vier Jahren sehr gut – und trifft es seit vier Jahren leider schlecht. Es scheint an Fachleuten zu mangeln – an Fachleuten, die Eishockey verstehen. Diese Fachleute scheint es zweifellos zu geben – auch in Italien. Man blicke in die Landeshauptstadt oder nehme sich ein Beispiel in Asiago.
Doch wenn man nicht um Hilfe fragt – von selbst wird sie nicht angeboten werden. Warum nicht professionelle Hilfe angefragt wird, darüber kann man spekulieren. Entweder es fehlen Kontakte zu Kontakten – oder ein falscher Stolz vermeidet den Griff zum Telefon. Noch nie ist jemand ein Zacken aus der Krone gefallen, nur weil er um Rat gefragt hat. Nur sollte der Ansprechpartner der richtige sein – kein selbsternannter Spezialist, kein professioneller Beobachter, keiner, der durch Spielervermittlungen sein Geld verdient. 

Das Publikum: Schaut zu und schweigt

Und auch das Publikum trägt seinen Beitrag an der Rittner Krise. Und das seit vier Jahren. Hoffnungsvoll kommt es bei jedem Heimspiel in die Arena Ritten, in der bangen Erwartung, dass es heute Abend vielleicht nicht ganz so schlimm wird. Und – auch wenn es schlimm war – wird den Akteuren aus den verschiedenen Ebenen auf die Schulter geklopft, in der Erwartung von den selbsternannten Idolen des Eisstadions wahrgenommen zu werden. Die Fans akzeptieren die Nicht-Leistung der letzten vier Jahre und verzichten auf drastische Mittel, um der Forderung, die Misere zu beenden, Nachdruck zu verleihen. Wobei ein Heimspielboykott durchaus ein probates Mittel wäre, dem eigenen Missmut Nachdruck zu verleihen. 

Ein Sieg reicht, um Krise zu vergessen

Es ist eine Krise, die nicht an einer Stelle festzumachen ist. Sondern sich quer durch die Rittner Hockeybewegung zieht – wie ein roter Faden. Die Niederlage gegen Cortina könnte für eine Routenkorrektur sorgen. Allerdings reicht ein einziger Sieg aus, um jeden Gedanken über Korrekturen wieder verschwinden zu lassen…



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen