Donnerstag, 5. Juli 2012

Die große Show im Circus Maximus oder das Prinzip von Panem et Circenses


Chronisten berichten von Wagenrennen im Alten Rom, wo die Roten gegen die Grünen wetteiferten, hohe Wetteinsätze gespielt wurden, horrende Siegesprämien ausbezahlt wurden. Diese Rennen im Circus Maximus unterhielten den Pöbel und hielten ihn ruhig. Waren aber gleichzeitig auch die Bühne, um Politik zu betreiben, um Netzwerke zu spinnen, um Macht aufzubauen und zu festigen. Die Sportveranstaltungen kosteten den Sponsoren eine Menge Geld. Doch nicht die Liebe zum Sport (die hätte man damals schon billiger haben können), sondern persönlicher Ehrgeiz waren Ausgangspunkt und Motivation.


Was soll dieser Exkurs in längst vergangene Zeiten? Beim Schreiben des letzten Blogeintrages ist mir ein Zweifel gekommen: was treibt Vereinsverantwortliche dazu, einen Eishockey Serie A Verein in Italien zu betreiben? Was bringt Vereinsverantwortliche in Aller Welt dazu, Profisport zu finanzieren? Wollen sie wirklich den Fans eine gute Show bieten? Warum werden dann die Fans nicht ernst genommen? Warum wird dann nicht in die Zuschauer investiert und zumindest so getan als versuche man, die Stadien zu füllen?

Klar: es wird immer behauptet, Sport habe einen sozialen Charakter, verbessere die Welt, bringe die Jugend von der Straße. Diese Argumentation mag gelten – für den Breitensport. Aber sicher nicht für den Profisport, der im Grunde auch keine Wertschöpfung in die Region bringt, sondern, im Gegenteil, große ökonomische Mittel vom Clubstandort aus verteilt. Meist auf Niemehrwiedersehn. Oder gereicht es einer Region wirklich zum Vorteil, wenn ein Großteil der Investitionen nach Übersee geht? Wenn ein Gutteil der Gelder auch noch am öffentlichen Interesse (den Steuern) vorbeigeschleust werden, obwohl immer mehr Mittel aus eben der öffentlichen Hand herausgebettelt werden?

Kann es sein, dass das Eishockey für die, die meinen, es sich leisten zu können, Spielzeuge sind, die Zeitvertreib, gesteigertes Selbstwertgefühl und Macht vermitteln? Kann es sein, dass sie sich, ähnlich wie die Patrizier des Alten Rom, vom Pöbel zujubeln lassen wollen und daraus eine Zustimmung für ihre politischen Ambitionen ableiten? Kann es sein, dass die Scheinwelt Serie A1 aus einer Scheinwelt in den Köpfen der Bosse entsteht?
Mag alles sein. Es zu hinterfragen könnte aber gefährlich werden. Auch im Circus Maximus wurde nicht nachgefragt – sondern genossen und debattiert. So sollten wir Zuschauer es heute auch halten. Und darauf hoffen, dass zu den Spielen auch noch Brot kommt. Und- man will ja nicht unverschämt sein- aber ein bisschen Fisch wäre auch nicht schlecht. Und wir sollten den Gönnern zujubeln und danken, für die Spiele – und sie im Glauben belassen, dass sie etwas für die Allgemeinheit wertvolles tun. Damit ihr Gewissen beruhigt ist, wenn sie nach öffentlichen Mittel schreien, um ihrer persönlichen Scheinwelt nachjagen zu können. Und wie beleidigte Kinder in der Ecke schmollen, wenn sie keinen Lutscher bekommen und damit drohen, das Spielzeug nicht mehr teilen zu wollen.

Das ist der Unterschied zum Alten Rom. Dass man damals für eigene Entscheidungen noch selbst Verantwortung übernommen hat. Und nicht in der Res Publica Verantwortliche und Schuldige gesucht worden sind. Vielleicht sollte man aus diesem Grund wieder Wagenrennen einführen… 

4 Kommentare:

  1. An dieser Stelle ein Zitat, das manchem, ja vielleicht sogar dem Schreiber obigen Beitrags bekannt vorkommen mag, das aber in jedem Fall keiner weiteren Kommentare bedarf:

    "Der Fall Gröden hat es gezeigt: es kommt nicht nur auf den sportlichen Erfolg an. Sondern vor allem auch darauf, ob sich Menschen finden, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Denn ohne sie braucht es weder Sportler noch Fans. Ohne sie bleiben die Stadien was sie im Sommer sind: leere Gebäude aus Holz, Metall und Beton. Herzlos. Und ohne Leben.

    Es braucht die Leute, die bereit sind, Freizeit für etwas zu opfern, was ihnen unmittelbar nix Materielles bringt. Das ihnen eigentlich gar keinen Nutzen bringt. Im Gegenteil: wo sie sich in eine Position bringen, wo jeder glaubt, die getroffenen Entscheidungen kommentieren, beurteilen und kritisieren zu dürfen, ohne selbst Verantwortung übernehmen zu müssen. Oder finanziell für die getroffenen Entscheidungen geradestehen zu müssen. Oder ohne die Bereitschaft zu haben, sich einzubringen und sich selbst zur Verfügung zu stellen, um bei den Entscheidungen dabei zu sein.

    Es wird viel über das Ehrenamt gesprochen. Und über seine Wichtigkeit. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Dilemma genau darin besteht. Nicht nur im Eishockey. Sondern bei allen Sportarten, die irgendwo zwischen Profis und Amateursportvereinen eingezwängt sind:
    Denn die Umsätze sind so hoch wie bei mittelständischen Unternehmen. Die Verantwortung aber müssen Leute übernehmen, die diese Firmenleitung in ihrer Freizeit machen. Weil es keine Möglichkeit gibt, Profis zu engagieren, die das Rundum betreuen. Und den Vorstandsmitgliedern das operative Alltagsgeschäft abnehmen.

    Die Zeiten sind lange vorbei, wo sich die Sportler selbst eingebracht haben und bereit waren, ihren Verein mit aufzubauen. Früher haben Vorstände nicht selten aus aktiven Spielern bestanden - da hat nicht das Geld, sondern der Sport und die Kameradschaft im Mittelpunkt gestanden.
    Heute haben es die Vereinsverantwortlichen großteils mit Diven zu tun, für die nur Bares zählt, die umgarnt und umsorgt sein wollen, selbst, wenn sie auf dem Spielfeld nur Mittelmaß zu leisten im Stande sind.

    Aus diesem Grund heute und an dieser Stelle ein Dank an alles, die die Verantwortung übernehmen und es möglich machen, dass wir Sport geboten bekommen. Und eine kleine Entschuldigung dafür, dass auch ich zu denen gehöre, die kritisieren, kommentieren und beurteilen. Doch auf der anderen Seite: wenn es uns nicht geben würde, dann wäre der Sport nur eine leere Hülle, ohne Emotionen und ohne Herz. Und dann hätte der Sport halt auch nicht den Stellenwert, den er heute hat. Und den er sich zweifellos verdient."

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  2. Hoi Vippo, willst Du mir etwas Bestimmtes damit sagen? Du ahnst einen Widerspruch?
    Ich kann ihn nicht erkennen. Weil wirkliche Verantwortung zu übernehmen damit zu tun hat, bereit zu sein, Konsequenzen zu tragen. Und die Konsequenz nicht darin liegen kann, der Öffentlichen Hand den Schwarzen Peter zuzuschieben. Vor allem dann, wenn im Nachhinein die Rechnung nicht aufgeht. Weil man sich verkalkuliert hat. Einmal kann das passieren. Doch nicht jedes Jahr. Und nicht jedes Jahr bei jedem Verein.
    Da hat jemand den Ausdruck Verantwortung übernehmen nicht richtig verstanden. Denn wenn die öffentliche Hand für Fehler von einzelnen gerade stehen muss, dann ist es keine Kunst, Verantwortung zu übernehmen. Denn dann bedeutet es nur, Entscheidungen zu treffen, die andere zahlen sollen. Das ist nicht ritterlich. Hat sich aber leider in unserem Land so eingebürgert. Und das sollte schon einmal nachdenklich machen. Oder?

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  3. Da hast Du vollkommen Recht, aber wenn Du dieses Thema schon ansprichst, dann solltest Du auch Ross und Reiter nennen. Das erfordert zwar einiges an Schneid, aber ist immer noch besser als pauschalisierend alle Vereinspräsidenten und -funktionäre als machtgeile, ewigpubertierende Egozentriker hinzustellen, die die -unbestreitbar bestehende- soziale Funktion in der Jugendarbeit als Feigenblatt für ihr vermeintlich öffentlich finanziertes Spielzeug verwenden.

    Du kannst nicht wenige Tage vorher das Ehrenamt in einem Eishockeyverein über den grünen Klee loben, um dann pauschal über alle Vereinsverantwortlichen herzuziehen, obwohl Du damit nur ganz bestimmte meinst.

    Daher wollte ich Dich auch aus der Reserve locken, denn streng genommen und nicht ahnend, auf wen der Beitrag "Panem et Circenses" gemünzt ist, könnte man glatt einen krassen Widerspruch erkennen... :-)

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  4. Ja, im Grund hast Du recht. Aber ich werde den Teufel tun, um mich als Märtyrer im Dienste der guten Sache zu opfern: ich werde weder Ross noch Reiter nennen. Das ist mir eindeutig zu heiß.

    Ich wollte keinen Generalverdacht aussprechen.
    Und ich bin überzeugt, dass sich sicher die Falschen betroffen fühlen. Denn jene, die ihre Macht mit Arroganz tragen, die wollen nicht verstehen. Und die können nicht verstehen.
    Das sind aus Erfahrung die, die beim Lob die ersten sind, die Aufstehen (obwohl andere die Dreckarbeit erledigt haben) und bei Kritik die letzten, die sich Betroffen fühlen (obwohl sie alleine die Entscheidungen getroffen haben.)
    Denke, dass es ausreicht, sich umzusehen, wer sich in Presse und Stadion feiern lässt.
    Und wer sich, fast schon bescheiden, bei Lob verkriecht, weil es für ihn selbstverständlich ist, für die Allgemeinheit das beste zu geben. Da hast Du recht, lieber Vippo, und denen möchte ich klar und deutlich sagen, dass sie nicht gemeint sind!!!

    In diesem Sinne hoffe ich, dass es in diesem Jahr viele Laudatios und ebenso viele Protestreden gibt. Damit jeder versteht, wen ich bei was wie meine...

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