Zugegeben: es ist ein bisschen hoch gegriffen, jetzt
schon von einem Bozner Erfolgslauf zu schreiben. Immerhin ist noch nicht einmal
die Hälfte der Regular Season gespielt. Und es ist kein Geheimnis, dass der
zweite Teil sehr viel schwieriger werden wird. Weil die richtig schwierigen
Spiele noch anstehen. Weil Bozen Glück mit dem Spielplan hatte und weil die
zweite Hälfte in jeder Meisterschaft intensiver ist.
Spielplan: Einfachere erste Phase
Der Spielplan in der EBEL ist nicht ganz so einfach
aufgebaut, wie in der italienischen Liga: Denn der EBEL Spielplan ist nicht
linear aufgebaut, sondern da kann es schon sein, dass man innerhalb einer Woche
zweimal auf den selben Gegner. Was sich wettbewerbsverzerrend auswirken kann,
wenn eine auf dem Papier sehr starke Mannschaft genau bei diesen Spielen
besonderes Verletzungspech hat oder die Schlüsselspieler genau in dieser Woche
gesperrt sind.
Bozen hatte in der ersten Phase insofern Glück mit der
Auslosung, als erst einmal gegen die „Kracher“ Salzburg, Wien und Villach
gespielt werden musste. Salzburg und Wien standen ganz am Anfang des
Abenteuers, und Südtirol konnte punkten: Das soll nicht schlecht geschrieben
werden, doch wahrscheinlich haben die österreichischen Spitzenmannschaften zu
diesem Zeitpunkt den HCB nicht ganz ernst genommen. Und wahrscheinlich waren
die Spitzenmannschaften zu diesem Zeitpunkt auch ein bisschen müde, von einer
intensiven Vorbereitung.
Was in der zweiten Saisonshälfte folgt: Dreimal muss
Bozen nun diese absoluten Krachermannschaften spielen – und es ist nicht davon
auszugehen, dass auch bei den restlichen Aufeinandertreffen das Punktekonto
aufgestockt werden kann.
Trotzdem: Die Punkte zu Saisonsbeginn sind gleich viel
Wert wie jene am Saisonsende. Und auch die Gegner hätten die Möglichkeit gehabt
zu punkten. Bozen hat das Abenteuer ernst genommen und gleich von Saisonsbeginn
an hoch konzentriert gespielt und sich keine Eingewöhnungszeit genommen.
Trainereffekt und Mannschaftszusammenstellung
Bozen ist der Beweis: Es kommt nicht nur auf talentierte
und wohlklingende Namen, sondern auf ein durchdachtes spielerisches Konzept an,
das die Spieler bereit sind, umzusetzen. Was wie eine Selbstverständlichkeit
klingt ist in Italien nicht so selbstverständlich: Denn da werden für das Spiel
große Namen gekauft, auf der Trainerbank wird aber gespart und ein taktisches
Konzept scheint nicht so wichtig.
Bozen beweist: Klingende Namen sind für Zuschauerzahlen
gut, ein Gesamtkonzept aber für erfolgreiches Eishockey. Tom Pokel hat es
geschafft, eine homogene Mannschaft zu formen, in der alle vier Sturmformationen
ihre Aufgabe erledigen und sich dem Gameplan unterordnen.
Ganz große Einzelspieler gibt es in Bozen nicht. Die
braucht es aber auch nicht, weil „die Mannschaft der Star ist,“ wie es
Alexander Egger formuliert. In Bozen gibt es attraktives, schnelles und vor
allem modernes Eishockey zu sehen. Die Scheibe bleibt nicht lange bei einem
Spieler sondern wird schnell weitergespielt, damit der Schwung nach vorne nicht
durch einen Haken oder einen Bogen unterbrochen wird.
Wenn die Spieler in dieses antiquierte Muster des
Eishockeys verfallen und alleine spielen wollen, dann rächt sich das sofort:
Beweise sind die Heimspiele gegen Dornbirn und Laibach, wo aufgrund der Abkehr
vom Erfolgskonzept schon sicher geglaubte Punkte abgegeben werden mussten oder nur
ganz knapp ins Ziel gerettet werden konnten.
Die Bozner Mannschaft ist gut – aber es handelt sich um
keine Übermannschaft. Vorteile hat Bozen dadurch, dass die Mannschaft sehr
kompakt ist: Die ersten beiden Sturmformationen sind zwar talentiert, aber in
der Liga gibt es durchaus bessere Sturmlinien. Doch ligaweit gibt es
wahrscheinlich keine so starke dritte und vierte Formation, bestehend aus
Nationalspielern und sehr talentierten und hungrigen jungen
Doppelstaatsbürgern. Diese Kompaktheit ist ein Punkt, der für Bozen
wahrscheinlich im Saisonsfinale noch einmal zu gute kommen kann.
Eine Achillesferse könnte, wie schon im Vorjahr, die
Defensivabteilung sein. Nicht, was die Qualität der Spieler betrifft, sondern
vielmehr was die Quanität betrifft. Denn wenn einer der gesetzten sechs
Verteidiger ausfällt, hat Bozen ein Problem, weil kein Ersatz bereit steht. Es
würde sich doch empfehlen, sich im Defensivbereich noch nach einer Verstärkung
umzusehen. Es muss ja kein Pichè sein.
Skepsis gegen Begeisterung gegen Neid
Was die Zuschauerzahlen bei den Bozner Heimspielen
betrifft: Da besteht durchaus noch Luft nach oben. Wobei die Zahlen leicht
steigend sind. Es hat sich herumgesprochen, dass in Bozen attraktives und
kurzweiliges Eishockey geboten wird. Freilich: Die Hardcorefans aus der
Umgebung haben ein Problem damit, sich in der Eiswelle zu zeigen. Denn das
könnte als Schwäche ausgelegt werden, wo sie doch vollmundig versprochen haben,
das Bozner EBEL Projekt zu boykottieren. Das sind dann auch die Leute, die von
einem Scheitern sprechen, weil die Zuschauerzahlen nicht stimmen.
Freilich: Alex Egger sagt: „Genug ist nie und es könnten
durchaus noch mehr Menschen zu unseren Spielen kommen.“ Dieter Knoll hingegen
ist überrascht und überaus zufrieden mit der Entwicklung an erzielten
Eintrittsgeldern. „Die Inkassi haben sich im Vergleich zum Vorjahr verfierfacht.
Ich hatte zwar mit einer Steigerung gerechnet, aber nicht in diesem Ausmaß.“
Jetzt ist Pause, Zeit für Spieler und Fans die Situation
zu genießen. Am 15. November geht das EBEL Abenteuer für den HCB Südtirol
weiter. Mit dem Spitzenspiel und echten Gradmesser gegen Salzburg.
Traubes Analyse
zum Saisonsstart geht weiter: In der nächsten Folge geht es um den schwierigen
Vergleich zwischen EBEL und Elite A.
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