Es ist nicht erst seit der blamablen Heimniederlage von
Ritten Sport gegen Cortina, dass es im Rittner Eishockey kriselt. Im Grunde
könnte man in Klobenstein von einer Dauerkrise sprechen. Doch scheinbar bekommt
das niemand mit. Weil der Tabellenstand doch eigentlich zufriedenstellend ist.
Nur das Saisonsende – da happert es meistens ein bisschen. Scheinbar kümmert es
niemand, dass die Saisonsziele verfehlt werden. Und das nicht nur um ein
bisschen. Sondern meilenweit. Gründe dafür, dass aber niemand etwas von einer
vierjährigen Dauerkrise mitbekommen haben will gibt es zahlreiche – und zwar
auf allen Ebenen. Aber am Ritten reicht schon ein einziger Sieg, um alles zu
vergessen, was nach einer Niederlage so kritisiert worden. Und den Krisengedanken
zu Gunsten von Titelillusionen zu verdrängen.
Nicht nur Trainerproblem
Seit vier Jahren hat Ritten ein Trainerproblem. Oder
vielmehr: vier Trainerprobleme. Die allgemeine Dauerkrise auf Erwin Kostner,
Bruno Aegerter, Greg Holst und Rob Wilson zu beschränken, das wäre unfair. Und
das wäre billig. Denn alle vier haben das beste getan, was sie im Stande waren
zu tun. Dass es nicht gut genug war, dafür können sie nix. Denn sie alle sind
in der Meinung gelassen worden, dass sie ihren Job gut erfüllt haben. Und erst,
als sie nicht bestätigt oder entlassen worden sind ist ihnen mitgeteilt worden,
dass man mit ihrer Arbeit nicht zufrieden gewesen ist. Ich denke, das ist ein
bisschen spät. Weil einem Übungsleiter so die Chance genommen wird, etwas an
seiner Arbeit zu ändern. Wieso sollte ein Coach seinen Job ändern, wenn seine
Boss mit der Leistung zufrieden sind?
Das Schweigen der Mannschaft
Seit Beginn sind die Trainer ja auch für die Spieler die
besten, die man sich vorstellen kann. Niemand hat eine Kritik anzubringen, es
sei denn, der betreffende Spieler wird nicht eingesetzt oder in einer Linie, in
der er seiner Meinung nach unterbewertet ist. So lange die Spieler eine
Einsatzgarantie haben, so lange ist der Coach in Ordnung. In der Öffentlichkeit
sowieso. Aber auch gegenüber den Vorstandsmitgliedern. So lange eine
Einsatzgarantie besteht, so lange handelt es sich um den besten Trainer, der je
am Ritten gewesen ist. Bis zum Tag der Trainerentlassung. Dann wird leise
Kritik geäußert, die langsam lauter wird.
Und was bedeutet das für die Jugend, auf die so viel
Gewicht gelegt wird? Sie lernen vom ersten Tag in der ersten Mannschaft an,
dass die Qualität eines Trainers nicht von einem taktischen Konzept, sondern
einzig und allein von den eigenen Spielminuten abhängig ist.
Führungsspieler als Mitläufer
Die Mannschaft, von der der eigene Vorstand schon seit
vier Jahren hofft, endlich den Titel zu gewinnen, hat absolut keinen Charakter.
Sie besteht seit vier Jahren aus Mitläufern. Aus Spielern, die sich unterordnen
und versuchen, ja nicht aufzufallen. Es sind keine Charaktere, die den
Mannschaftserfolg in den Vordergrund stellen. Sondern Charaktere, die um sich
selbst zirkulieren. Besonders die Spieler, die Leader sein müssten, äußern sich
schwammig oder gar nicht. Die Vorstandsmitglieder, die richtigerweise die
vermeintlichen Führungsspieler anhören, bekommen also kein Feedback und keinen
wahren Einblick in das Innenleben der Mannschaft. Wodurch es verdammt schwierig
wird zu reagieren, wenn die Führungspersönlichkeiten die Mängel nicht aufzeigen.
In einer erfolgreichen Kooperation zwischen Vorstand und
Spielern müsste nicht nur die Geld-bring-Schuld des Vorstands bestehen, sondern
auch die Rückmeldung der Angestellten, wie denn die Befindlichkeit ist und wie
die gesteckten Ziele nach Ansicht der Akteure zu erreichen sei.
Teure Urlauber
Dabei investiert Ritten Sport ordentlich in seine
Führungskräfte, die zum Großteil aus dem Ausland kommen. Und man bemüht sich,
dem Personal jeden Wunsch von den Augen abzulesen, damit es sich auf den Job
konzentrieren kann – einen Job, den das Personal ob der Fürsorge leider viel zu
oft vergisst.
Kann es sein, dass sich die Profis aus Übersee am Ritten
zu wohl fühlen? Kann es sein, dass sie wegen der Fürsorge, die sie erfahren,
ihr Potential nicht mehr abrufen, weil sie auf Urlaubsmodus umschalten, weil
sie ihren Aufenthalt am Ritten mit einem gut bezahlten Familienurlaub verwechseln,
wo Wohlfühlen und ein bisschen Bewegung die willkommene Abwechslung zum Nix-Tun
ist? Bis zum Beginn der Krise waren die Spieler auch in einer gewissen
Bringschuld und sie gaben sich Mühe, zumindest so zu tun, als wollten sie sich
integrieren. Seit dem Beginn der Dauerkrise geben sie sich noch nicht einmal
mehr diese Mühe und ziehen sich, kaum dass das Spiel vorbei ist, wieder in
ihren Urlaubskreis zurück. Freilich kann so keine Bindung zum Fan aufgebaut
werden. Und freilich ist es so dem Personal auch egal, wenn der Fan mit der
eigenen Leistung unzufrieden ist.
Vergessener Hilferuf
Der Rittner Vorstand ist wahrlich nicht zu beneiden. Alle
Jahre wieder bringt er viel Geld auf, um das Rittner Eishockey zu finanzieren –
und möglich zu machen. Dem Gefühl nach wird sogar jedes Jahr mehr Geld
aufgebracht, wodurch das Scheitern umso schmerzlicher wird. Die Rittner Führung
meint es seit vier Jahren sehr gut – und trifft es seit vier Jahren leider
schlecht. Es scheint an Fachleuten zu mangeln – an Fachleuten, die Eishockey
verstehen. Diese Fachleute scheint es zweifellos zu geben – auch in Italien.
Man blicke in die Landeshauptstadt oder nehme sich ein Beispiel in Asiago.
Doch wenn man nicht um Hilfe fragt – von selbst wird sie
nicht angeboten werden. Warum nicht professionelle Hilfe angefragt wird, darüber
kann man spekulieren. Entweder es fehlen Kontakte zu Kontakten – oder ein
falscher Stolz vermeidet den Griff zum Telefon. Noch nie ist jemand ein Zacken
aus der Krone gefallen, nur weil er um Rat gefragt hat. Nur sollte der
Ansprechpartner der richtige sein – kein selbsternannter Spezialist, kein
professioneller Beobachter, keiner, der durch Spielervermittlungen sein Geld
verdient.
Das Publikum: Schaut zu und schweigt
Und auch das Publikum trägt seinen Beitrag an der Rittner
Krise. Und das seit vier Jahren. Hoffnungsvoll kommt es bei jedem Heimspiel in
die Arena Ritten, in der bangen Erwartung, dass es heute Abend vielleicht nicht
ganz so schlimm wird. Und – auch wenn es schlimm war – wird den Akteuren aus
den verschiedenen Ebenen auf die Schulter geklopft, in der Erwartung von den
selbsternannten Idolen des Eisstadions wahrgenommen zu werden. Die Fans
akzeptieren die Nicht-Leistung der letzten vier Jahre und verzichten auf
drastische Mittel, um der Forderung, die Misere zu beenden, Nachdruck zu
verleihen. Wobei ein Heimspielboykott durchaus ein probates Mittel wäre, dem
eigenen Missmut Nachdruck zu verleihen.
Ein Sieg reicht, um Krise zu vergessen
Es ist eine Krise, die nicht an einer Stelle festzumachen
ist. Sondern sich quer durch die Rittner Hockeybewegung zieht – wie ein roter
Faden. Die Niederlage gegen Cortina könnte für eine Routenkorrektur sorgen.
Allerdings reicht ein einziger Sieg aus, um jeden Gedanken über Korrekturen
wieder verschwinden zu lassen…
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