Montag, 4. März 2013

Nach dem Bozner Aus: Ein Fazit

Nachdem ich den HC Bozen vor der Saison so über den Klee gelobt habe, bleibt mir nix anderes übrig, als mein ganz persönliches Saisonsfazit zu ziehen, nachdem Bozen im Viertelfinale ausgeschieden ist.
Am Anfang stand die Trikotaffäre: Bereits damals hätte ich schalten müssen, dass nicht alles, was angekündigt wird, wörtlich zu nehmen ist…

Der Neue Weg – Ein Fake?

Vollmundig hatte man im Sommer im Clubhouse versprochen, einen neuen Weg einzuschlagen. Einen revolutionären Weg mit weniger Ausländern und mehr einheimischen Spielern. Man hat versprochen, eine neue Fankultur zu kultivieren. Ich war begeistert, weil ich daran geglaubt habe.
Man hat zwar mit weniger Ausländern gespielt. Doch das Ziel, um den Titel mitzuspielen ist meilenweit verfehlt worden. Weil sich herausstellte, dass der eingeschlagene Weg etwas mit Totsparen zu tun gehabt hat. Es hat sich herausgestellt, dass man die Saison tatsächlich mit fünf Verteidigern und nur einem Tormann bewältigen wollte. Ein Vorhaben, das zu keiner Zeit erfolgversprechend war. Weil: Wenn man nur einen Kilo Orangen hat, kann man daraus nicht unendlich viel frischgepressten Saft bekommen.
Dabei hatte man noch Glück gehabt, dass sich keiner der Schlüsselspieler im Laufe der Saison ernsthaft verletzt hat.

Die Illusion Niklas Hjalmarsson und der Folgefehler Delmore

Er war eine Bereicherung für die gesamte Liga. Es war schön, einen solchen Ausnahmespieler bewundern zu können. Allerdings war er eine Fata Morgana. Und sobald der NHL Riese Bozen verlassen hatte und der letzte Rest von Glanz gegangen war, schlug man in Bozen wieder auf dem Boden der Realität auf.
Was folgte war eine Posse: Denn man wusste, in der Verteidigung Verstärkung brauchte. Gekommen ist ein Spieler, der nicht wirklich weiterhelfen konnte, was man auch vorher schon hätte abschätzen können, weil Andy Delmore ja kein unbekannter ist und weil er ja auch einige Spiele beim Ligakonkurrenten Ritten bestritten hatte.
Delmore war nicht die Lösung der personellen Probleme. Im Gegenteil.
Was Delmore gebracht hat? Vermeidbare Konflikte und Spannungen.

Die Tormannposse

Zu Saisonsbeginn hatte es aus dem Clubhouse getönt, dass der beste Tormann der Liga kommen würde. Gekommen ist Tomas Duba für ein paar Spiele. Dann lange nix. Und dann kam ein Mr. Sexsmith, der ohne Spielpraxis und im Alleingang hätte die Rettung bringen sollen. Sparkurs? Nein, das war wohl eher eine Verzweiflungstat.
Was sich zeigte war ein fehlendes Gesamtkonzept.
Zwar hat man in Bozen den besten Trainer der Liga. Doch ohne ausreichend Personal und ohne Unterstützung kann auch der nix ausrichten. Und leider hat man es verabsäumt, Brian McCutcheon bei Personalentscheidungen einzubinden. Was keine Vermutung meinerseits, sondern leider Fakt ist.

Das Highlight: Continentalcup

Es war nicht alles schlecht, was in Bozen im Laufe der Saison passiert ist. So war der Continentalcup in Bozen ein absolutes Highlight der Saison. Ein volles Haus, gute Spiele, ein überzeugender HCB.
Ehre, wem Ehre gebührt.
Und: Hätte man nach dem internationalen Cup weitergemacht und weiter aufgebaut, Bozen wäre Meister geworden.
Ohne wenn und ohne aber.
Aber: Die Mannschaft ist in ein Loch gefallen. Und man hatte den Eindruck, sie wäre in diesem Loch alleine gelassen worden.
Ob das nur an einem Kommunikationsproblem liegt?

Die Zukunft

Was wird in Bozen kommen? Irgendwie hat man den Eindruck, der Mäzen ist müde geworden. Die Angriffe gegen Dr. Knoll sind lauter geworden. Was nicht fair ist. Weil er immerhin der ist, der in den letzten Jahren Spitzeneishockey in Bozen möglich gemacht hat. Vielleicht ist der HCB tatsächlich eine One Man Show. Was vielen nicht gefällt. Aber besser eine Einmannshow als gar keine.
Was wird kommen?
Ist es wahr, dass die Mannschaft, die so viele Titel, wie sonst niemand in Italien gewonnen hat, finanziell vor einem Scherbenhaufen steht?
Ist es wahr, dass der Traditionsclub vor dem Aus steht?

Die Enttäuschung

Ich muss zugeben, ich bin enttäuscht. Ich war naiv genug an den Neubeginn zu glauben. Ein Neubeginn, der groß angekündigt worden ist aber nur halbherzig umgesetzt wurde. Weil man die Kommunikation hinten angestellt hat und die Weichen Faktoren, die einen Verein belebt und sympathisch, hinten angestellt hat. Ich hatte ja das Glück, einige Leute aus dem Verein und seinem Umfeld kennen zu lernen. Es sind Charaktertypen, sympathisch und interessant. Aber in Bozen wird alles nur am sportlichen Erfolg gemessen. Was nicht immer fair ist. Und dadurch werden an sich gute Konzepte in der laufenden Meisterschaft über Bord geworfen. Was Glaubwürdigkeit kostet.
Ich denke, ich werde nicht mehr allzu schnell in die Falle tappen, alles zu glauben, was im Vorfeld verkündet wird. Schade eigentlich. Weil Nachhaltigkeit langfristiger ist, als irgendein gekaufter Titel.


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