Nachdem
ich den HC Bozen vor der Saison so über den Klee gelobt habe, bleibt mir nix
anderes übrig, als mein ganz persönliches Saisonsfazit zu ziehen, nachdem Bozen
im Viertelfinale ausgeschieden ist.
Am
Anfang stand die Trikotaffäre: Bereits damals hätte ich schalten müssen, dass
nicht alles, was angekündigt wird, wörtlich zu nehmen ist…
Der Neue Weg – Ein Fake?
Vollmundig
hatte man im Sommer im Clubhouse versprochen, einen neuen Weg einzuschlagen. Einen
revolutionären Weg mit weniger Ausländern und mehr einheimischen Spielern. Man
hat versprochen, eine neue Fankultur zu kultivieren. Ich war begeistert, weil
ich daran geglaubt habe.
Man
hat zwar mit weniger Ausländern gespielt. Doch das Ziel, um den Titel
mitzuspielen ist meilenweit verfehlt worden. Weil sich herausstellte, dass der
eingeschlagene Weg etwas mit Totsparen zu tun gehabt hat. Es hat sich
herausgestellt, dass man die Saison tatsächlich mit fünf Verteidigern und nur
einem Tormann bewältigen wollte. Ein Vorhaben, das zu keiner Zeit
erfolgversprechend war. Weil: Wenn man nur einen Kilo Orangen hat, kann man
daraus nicht unendlich viel frischgepressten Saft bekommen.
Dabei
hatte man noch Glück gehabt, dass sich keiner der Schlüsselspieler im Laufe der
Saison ernsthaft verletzt hat.
Die Illusion Niklas Hjalmarsson und der Folgefehler Delmore
Er
war eine Bereicherung für die gesamte Liga. Es war schön, einen solchen
Ausnahmespieler bewundern zu können. Allerdings war er eine Fata Morgana. Und
sobald der NHL Riese Bozen verlassen hatte und der letzte Rest von Glanz
gegangen war, schlug man in Bozen wieder auf dem Boden der Realität auf.
Was
folgte war eine Posse: Denn man wusste, in der Verteidigung Verstärkung
brauchte. Gekommen ist ein Spieler, der nicht wirklich weiterhelfen konnte, was
man auch vorher schon hätte abschätzen können, weil Andy Delmore ja kein
unbekannter ist und weil er ja auch einige Spiele beim Ligakonkurrenten Ritten
bestritten hatte.
Delmore
war nicht die Lösung der personellen Probleme. Im Gegenteil.
Was
Delmore gebracht hat? Vermeidbare Konflikte und Spannungen.
Die Tormannposse
Zu
Saisonsbeginn hatte es aus dem Clubhouse getönt, dass der beste Tormann der
Liga kommen würde. Gekommen ist Tomas Duba für ein paar Spiele. Dann lange nix.
Und dann kam ein Mr. Sexsmith, der ohne Spielpraxis und im Alleingang hätte die
Rettung bringen sollen. Sparkurs? Nein, das war wohl eher eine
Verzweiflungstat.
Was
sich zeigte war ein fehlendes Gesamtkonzept.
Zwar
hat man in Bozen den besten Trainer der Liga. Doch ohne ausreichend Personal
und ohne Unterstützung kann auch der nix ausrichten. Und leider hat man es
verabsäumt, Brian McCutcheon bei Personalentscheidungen einzubinden. Was keine
Vermutung meinerseits, sondern leider Fakt ist.
Das Highlight: Continentalcup
Es
war nicht alles schlecht, was in Bozen im Laufe der Saison passiert ist. So war
der Continentalcup in Bozen ein absolutes Highlight der Saison. Ein volles
Haus, gute Spiele, ein überzeugender HCB.
Ehre,
wem Ehre gebührt.
Und:
Hätte man nach dem internationalen Cup weitergemacht und weiter aufgebaut,
Bozen wäre Meister geworden.
Ohne
wenn und ohne aber.
Aber:
Die Mannschaft ist in ein Loch gefallen. Und man hatte den Eindruck, sie wäre
in diesem Loch alleine gelassen worden.
Ob
das nur an einem Kommunikationsproblem liegt?
Die Zukunft
Was
wird in Bozen kommen? Irgendwie hat man den Eindruck, der Mäzen ist müde
geworden. Die Angriffe gegen Dr. Knoll sind lauter geworden. Was nicht fair
ist. Weil er immerhin der ist, der in den letzten Jahren Spitzeneishockey in
Bozen möglich gemacht hat. Vielleicht ist der HCB tatsächlich eine One Man
Show. Was vielen nicht gefällt. Aber besser eine Einmannshow als gar keine.
Was
wird kommen?
Ist
es wahr, dass die Mannschaft, die so viele Titel, wie sonst niemand in Italien
gewonnen hat, finanziell vor einem Scherbenhaufen steht?
Ist
es wahr, dass der Traditionsclub vor dem Aus steht?
Die Enttäuschung
Ich
muss zugeben, ich bin enttäuscht. Ich war naiv genug an den Neubeginn zu
glauben. Ein Neubeginn, der groß angekündigt worden ist aber nur halbherzig
umgesetzt wurde. Weil man die Kommunikation hinten angestellt hat und die
Weichen Faktoren, die einen Verein belebt und sympathisch, hinten angestellt
hat. Ich hatte ja das Glück, einige Leute aus dem Verein und seinem Umfeld
kennen zu lernen. Es sind Charaktertypen, sympathisch und interessant. Aber in
Bozen wird alles nur am sportlichen Erfolg gemessen. Was nicht immer fair ist.
Und dadurch werden an sich gute Konzepte in der laufenden Meisterschaft über
Bord geworfen. Was Glaubwürdigkeit kostet.
Ich
denke, ich werde nicht mehr allzu schnell in die Falle tappen, alles zu
glauben, was im Vorfeld verkündet wird. Schade eigentlich. Weil Nachhaltigkeit
langfristiger ist, als irgendein gekaufter Titel.
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